Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

1 Mose 24

[1] Abraham war alt, hochgekommen in die Tage, und ER hatte Abraham in allem gesegnet. [2] Abraham sprach zu seinem Knecht, dem Alten seines Hauses, der alles Seine verwaltete: Lege doch deine Hand unter meine Lende! [3] ich will dich einschwören mit IHM, Gott des Himmels und Gott der Erde, daß du meinem Sohn nicht nehmest ein Weib von den Töchtern des Kanaaniters, bei dem mittinnen ich siedle, [4] sondern in mein Land und zu meiner Verwandtschaft sollst du gehen und ein Weib meinem Sohn nehmen, dem Jizchak. [5] Der Knecht sprach zu ihm: Vielleicht aber ist das Weib nicht willig, mir in dieses Land nachzugehn, darf ich dann zurückbringen deinen Sohn, zurück in das Land, daraus du einst zogst? [6] Abraham sprach zu ihm: Hüte dich, meinen Sohn etwa dorthin zurückzubringen! [7] ER, der Gott des Himmels, der mich aus dem Haus meines Vaters und aus dem Land meiner Verwandtschaft nahm, der zu mir redete, der mir schwur, sprechend: Deinem Samen gebe ich dieses Land, er selber wird seinen Boten vor dir her senden, daß du von dort ein Weib nehmest für meinen Sohn. [8] Ist aber das Weib nicht willig dir nachzugehn, bist du straflos vor diesem meinem Schwur, nur darfst du meinen Sohn nicht dorthin zurückbringen. [9] Der Knecht legte seine Hand unter die Lende Abrahams seines Herrn und schwur ihm gemäß dieser Rede. [10] Der Knecht nahm zehn Kamele von den Kamelen seines Herrn und ging, allerart Gut seines Herrn in Händen, er machte sich auf und ging nach Aram dem Zwiestromland, zu Nachors Stadt. [11] Dort ließ er die Kamele knien draußen vor der Stadt am Wasserbrunn, zur Abendzeit, zur Zeit, wenn die Schöpferinnen hinausziehn, [12] und sprach: DU, Gott meines Herrn Abraham, füge es doch heute vor mich und tue Huld an meinem Herrn Abraham! [13] Da, hingetreten bin ich an den Wasserquell, und die Töchter der Stadtleute ziehn heraus, Wasser zu schöpfen. [14] Es möge nun geschehn, das Mädchen, zu dem ich spreche: Neige doch deinen Krug, daß ich trinke, und sie spricht: Trink, und auch deine Kamele will ich letzen, die hast du deinem Knecht Jizchak zugewiesen, an ihr werde ich erkennen, daß du Huld an meinem Herrn getan hast. [15] Es geschah, noch ehe er vollendet hatte zu reden, da, Ribka zieht einher - die war geboren dem Btuel, Sohn Milkas, des Weibes Nachors, Abrahams Bruders - , ihren Krug auf ihrer Schulter. [16] Sehr schön anzusehn war das Mädchen, eine Jungfrau, nicht kannte ein Mann sie. Sie schritt zum Quell nieder, füllte ihren Krug und stieg wieder herauf. [17] Der Knecht lief ihr entgegen und sprach: Laß mich doch ein wenig Wasser schlürfen aus deinem Krug! [18] Sie sprach: Trinke, mein Herr! und eilends senkte sie ihren Krug auf ihre Hand nieder und letzte ihn. [19] Als sie ihn zu letzen vollendet hatte, sprach sie: Auch deinen Kamelen will ich schöpfen, bis sie zuende getrunken haben. [20] Eilends leerte sie den Krug in die Tränke, dann lief sie nochmals zum Brunnen zu schöpfen und schöpfte allen seinen Kamelen. [21] Der Mann staunte sie an, doch schweigend, um zu erkennen, ob ER seinen Weg glücken ließ, ob nicht. [22] Es geschah nun als die Kamele zuende getrunken hatten, der Mann nahm einen goldenen Nasenring, eine Halbmünze an Gewicht, und zwei Spangen für ihre Arme, zehn Goldstücke an Gewicht, [23] und sprach: Wessen Tochter bist du? melde mirs doch! und ist wohl im Haus deines Vaters Platz für uns zu übernachten? [24] Sie sprach zu ihm: Tochter Btuels bin ich, des Sohns Milkas, den sie dem Nachor gebar. [25] Und sprach zu ihm: Auch an Stroh, auch an Futter ist viel bei uns, und Platz auch zum Übernachten. [26] Der Mann bückte sich und warf sich vor IHM hin [27] und sprach: Gesegnet ER, der Gott meines Herrn Abraham, der seine Huld und seine Treue nicht ließ von meinem Herrn! Ich da, geleitet hat ER mich des Wegs ins Haus der Brüder meines Herrn! [28] Das Mädchen aber lief und meldete es im Haus ihrer Mutter nach diesen Reden. [29] Ribka hatte aber einen Bruder, sein Name war Laban. Laban lief zu dem Mann hinaus, zum Quell. [30] Es geschah, kaum sah er den Nasenring und die Spangen an den Armen seiner Schwester und hörte Ribkas seiner Schwester Reden: So hat der Mann zu mir geredet, kam er schon zu dem Mann, der stand noch bei den Kamelen, beim Quell, [31] und sprach: Komm, Gesegneter IHM, warum stehst du draußen? habe ich selber doch das Haus aufgeräumt und für die Kamele Platz gemacht! [32] Der Mann kam ins Haus, er zäumte die Kamele ab, man gab Stroh und Futter den Kamelen, und Wasser, seine Füße zu baden und die Fuße der Männer die mit ihm waren. [33] Es wurde ihm zu essen vorgelegt, er aber sprach: Ich will nicht essen, bis ich meine Rede geredet habe. Man sprach: Rede! [34] Er sprach: Abrahams Knecht bin ich. [35] Mächtig gesegnet hat ER meinen Herrn, daß er groß wurde, er gab ihm Schafe und Rinder, Silber und Gold, Knechte und Mägde, Kamele und Esel. [36] Ssara, meines Herrn Weib, gebar meinem Herrn in ihrem Alter einen Sohn, dem hat er alles was sein ist übergeben. [37] Nun schwur mein Herr mich ein, sprechend: Du sollst meinem Sohn nicht nehmen ein Weib von den Töchtern des Kanaaniters, in dessen Land ich siedle! [38] nein! in meines Vaters Haus sollst du gehn und zu meiner Sippe und meinem Sohn ein Weib nehmen. [39] Ich sprach zu meinem Herrn: Vielleicht aber will das Weib mir nicht nachgehn? [40] Er sprach zu mir: ER, vor dem ich einhergegangen bin, wird seinen Boten mit dir senden, er wird deinen Weg glücken lassen, daß du für meinen Sohn ein Weib aus meiner Sippe und aus dem Haus meines Vaters nehmest. [41] Dann wirst du straflos von meinem Droheid: kamst du zu meiner Sippe; geben sie dir sie nicht, bist du unsträflich vor meinem Droheid. [42] Nun kam ich heute zum Quell, und ich sprach: DU, Gott meines Herrn Abraham, willst du doch wirklich meinen Weg glücken lassen, auf dem ich gehe, - [43] da, hingetreten bin ich an den Wasserquell, es möge nun geschehn, die Jungfrau, die zu schöpfen kommt, zu der ich spreche: Gib mir doch ein wenig Wasser aus deinem Krug zu trinken, [44] und sie spricht zu mir: Trink du selber, und auch deinen Kamelen will ich schöpfen, sie ist das Weib, das ER dem Sohn meines Herrn bestimmt hat. [45] Ehe ich aber noch vollendet hatte zu meinem Herzen zu reden, da zog Ribka einher, ihren Krug auf ihrer Schulter, und schritt zum Quell nieder und schöpfte. Ich sprach zu ihr: Letze mich doch! [46] eilends senkte sie ihren Krug von sich nieder und sprach: Trink, und auch deine Kamele will ich letzen. Ich trank, und auch die Kamele letzte sie. [47] Nun fragte ich sie, ich sprach: Wessen Tochter bist du? Sie sprach: Tochter Btuels, Sohns Nachors, den ihm Milka gebar. Ich legte den Ring an ihre Nase und die Spangen an ihre Arme, [48] ich bückte mich und warf mich nieder vor IHM und segnete IHN, den Gott meines Herrn Abraham, der mich treuen Wegs geleitete, die Tochter des Bruders meines Herrn für seinen Sohn zu nehmen. [49] Jetzt also, wollt ihr wirklich Huld und Treue meinem Herrn antun, meldet mirs, und wo nicht, meldet mirs, daß ich mich zur Rechten oder zur Linken wende. [50] Laban antwortete und Btuel, sie sprachen: Von IHM ist dies ausgezogen, nicht können wir zu dir reden, bös oder gut, [51] da ist Ribka vor dir, nimm sie und geh, daß sie für den Sohn deines Herrn ein Weib werde, wie ER geredet hat. [52] Es geschah, als Abrahams Knecht ihre Rede hörte, er warf sich zur Erde vor IHM. [53] Und der Knecht zog hervor Geräte von Silber und Geräte von Gold und Gewänder und gab sie Ribka, und Kleinodien gab er ihrem Bruder und ihrer Mutter. [54] Sie aßen und tranken, er und die Männer, die bei ihm waren, und übernachteten. Am Morgen machten sie sich auf, und er sprach: Entsendet mich zu meinem Herrn. [55] Aber ihr Bruder sprach und ihre Mutter: Bleibe doch das Mädchen noch ein paar Tage lang, seis ein Zehnt, bei uns, danach mag sie gehn. [56] Er sprach zu ihnen: Haltet mich nimmer auf, ER hat meinen Weg glücken lassen, entsendet mich, daß ich zu meinem Herrn gehe. [57] Sie sprachen: Wir wollen das Mädchen rufen und ihren Mund befragen. [58] Sie riefen Ribka und sprachen zu ihr: Willst du mit diesem Manne gehn? Sie sprach: Ich will gehn. [59] Nun entsandten sie ihre Schwester Ribka samt ihrer Amme, und Abrahams Knecht mit seinen Leuten, [60] und segneten Ribka und sprachen zu ihr: Unsre Schwester, werde du zu tausendfältiger Menge! ererbe dein Same das Tor seiner Hasser! [61] Ribka machte sich auf samt ihren Mädchen, sie ritten auf den Kamelen, dem Mann nachgehend. Der Knecht nahm Ribka und ging. [62] Jizchak war gekommen von wo du zum Brunn des Lebenden Michsehenden kommst, er siedelte nämlich im Südland. [63] Nun zog Jizchak hinaus, zu sinnen auf jenem Anger um die Abendwende. Er hob seine Augen und sah: da, Kamele kommen. [64] Ribka hob ihre Augen und sah Jizchak. Sie glitt vom Kamel hinab und sprach zum Knecht: [65] Wer ist der Mann drüben, der auf dem Anger uns entgegengeht? Der Knecht sprach: Das ist mein Herr. Sie nahm den Schleier und verhüllte sich. [66] Der Knecht aber erzählte Jizchak alle Dinge, die er getan hatte. [67] Und Jizchak ließ sie in das Zelt Ssaras seiner Mutter kommen. Er nahm Ribka und sie wurde sein Weib, und er liebte sie, getröstet wurde Jizchak nach seiner Mutter.