Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

1 Mose 42

[1] Als Jaakob sah, daß Markt in Ägypten war, sprach Jaakob zu seinen Söhnen: Warum seht ihr einander an? [2] Und er sprach: Da habe ich gehört, daß Markt in Ägypten ist - zieht dort hinab und ermarktet von dort für uns, daß wir am Leben bleiben und nicht sterben. [3] Jossefs Brüder zogen hinab, ihrer zehn, Korn aus Ägypten zu ermarkten. [4] Den Binjamin aber, Jossefs Vollbruder, schickte Jaakob nicht mit seinen Brüdern, denn er sprach: Es könnte sonst ein Leides ihn treffen! [5] Jissraels Söhne kamen zumarkt inmitten der Gekommnen, denn der Hunger war im Lande Kanaan. [6] Jossef aber war der Machthaber über das Land, er wars der Markt hielt für alles Volk des Landes. Jossefs Brüder kamen und neigten sich vor ihm, Stirn zur Erde. [7] Jossef sah seine Brüder und kannte sie, aber er stellte sich unbekannt gegen sie und redete hart mit ihnen. Er sprach zu ihnen: Woher seid ihr gekommen? Sie sprachen: Aus dem Lande Kanaan, Eßware zu ermarkten. [8] Aber ob schon Jossef seine Brüder kannte, sie kannten ihn nicht. [9] Und Jossef gedachte der Träume, die er von ihnen geträumt hatte. Er sprach zu ihnen: Späher seid ihr! die Blöße des Landes zu sichten seid ihr gekommen! [10] Sie sprachen zu ihm: Nein, mein Herr! Deine Knechte sind gekommen, Eßware zu ermarkten. [11] Wir alle sind Söhne Eines Mannes, rechtschaffen sind wir, nie sind deine Knechte Späher gewesen. [12] Er aber sprach zu ihnen: Nein! sondern ihr seid gekommen die Blöße des Landes zu sichten! [13] Sie sprachen: Deiner Knechte sind zwölf, Brüder sind wir, Söhne Eines Mannes, im Lande Kanaan, so nämlich: der Jüngste ist bei unserm Vater heute, und einer ist nicht mehr da. [14] Jossef sprach zu ihnen: Das ists, was ich zu euch geredet habe, sprechend: Späher seid ihr. [15] Daran sollt ihr erprobt werden: Beim Leben Pharaos! ob je ihr von hinnen sollt, es sei denn, euer jüngster Bruder kommt her! [16] Schickt von euch einen, daß er euren Bruder herhole. ihr aber bleibt gefangen. Erprobt sollen eure Reden werden, ob Vertrauen mit euch sein darf - und wenn nicht: beim Leben Pharaos, Späher seid ihr. [17] Er ließ sie mitsammen drei Tage in Gewahrsam halten. [18] Am dritten Tag sprach Jossef zu ihnen: Seid dies zu tun bereit, so bleibt ihr am Leben, denn Gottes bin ich fürchtig: [19] seid ihr rechtschaffen, sitze von euch Brüdern einer im Haus eures Gewahrsams gefangen, ihr aber geht, bringt Marktgetreide für den Hungerbedarf eurer Häuser, [20] und dann sollt ihr euren jüngsten Bruder zu mir bringen, daß eure Worte sich getreu erzeigen und ihr nicht sterben müßt. Sie waren bereit so zu tun. [21] Aber sie sprachen einer zum andern: Dennoch, schuldig sind wir: an unserem Bruder! wir sahen die Drangsal seiner Seele, wie er uns anflehte, und wir hörten nicht! darum ist diese Drangsal an uns gekommen! [22] Ruben antwortete ihnen, sprechend: Sprach ich nicht zu euch, sprach: Versündigt euch nimmer an dem Kind! ihr aber habt nicht gehört - sein Blut, da, nun wirds heimgefordert! [23] Sie wußten nicht, daß Jossef hinhörte, denn der Dolmetsch war zwischen ihnen. [24] Er aber wandte sich von ihnen und weinte. Dann kehrte er sich wieder zu ihnen und redete zu ihnen und ließ Schimon von ihnen nehmen und ihn vor ihren Augen gefangensetzen. [25] Jossef gebot, daß man ihr Zeug mit Korn fülle und ihr Silber jedem in seinen Sack zurücklege und ihnen Zehrung auf den Weg gebe. Man tat ihnen so. [26] Sie trugen ihr Marktgetreide auf ihre Esel und gingen von dannen. [27] Als aber der eine seinen Sack öffnete, um in der Herberge seinem Esel Futter zu geben, sah er sein Silber: da wars, an der Mündung seines Ranzens. [28] Er sprach zu seinen Brüdern: Mein Silber ist zurückgeraten, da ists gar in meinem Ranzen!Ihr Herz entwich, sie erbebten einander zu, sprechend: Was hat uns Gott da getan! [29] Sie kamen zu ihrem Vater Jaakob ins Land Kanaan und meldeten ihm alles, was sie betroffen hatte, sprechend: [30] Hart hat mit uns der Mann geredet, der Herr des Landes, er gab uns für Späher im Land aus. [31] Wir sprachen zu ihm: Wir sind rechtschaffen, nie sind wir Späher gewesen, [32] zwölf sind wir, Brüder, Söhne unsres Vaters, einer ist nicht mehr da, der Jüngste ist bei unserm Vater im Lande Kanaan heute.. [33] Aber der Mann, der Herr des Landes, sprach zu uns: Daraus werde ich wissen, ob ihr rechtschaffen seid: von euch Brüdern einen hinterlasset bei mir, den Hungerbedarf eurer Häuser nehmt und geht, [34] und euren jüngsten Bruder bringet mir, dann werde ich wissen, daß ihr nicht Späher seid, daß ihr rechtschaffen seid, euren Bruder gebe ich euch, und ihr mögt das Land bereisen. [35] Es geschah aber, wie sie ihre Säcke leerten: da war eines jeden Silberbündel in seinem Sack. Sie sahen ihre Silberbündel an, sie und ihr Vater, und erschraken. [36] Jaakob, ihr Vater, sprach zu ihnen: Ihr verwaist mich! Jossef ist nicht mehr da, Schimon ist nicht da, nun wollt ihr Binjamin nehmen - auf mich gerät das alles! [37] Ruben sprach zu seinem Vater, sprach: Meine beiden Söhne töte, lasse ich dir ihn nicht wiederkommen, gib ihn an meine Hand, und ich, ich bringe dir ihn zurück! [38] Er aber sprach: Nicht soll mein Sohn mit euch hinab! sein Bruder ist ja tot, er allein ist überblieben - träfe ein Leides ihn auf dem Weg, den ihr geht, ihr ließet mein Grauhaar im Jammer zum Gruftreich hinabfahren.