Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

Habakuk 1

[1] Lastwort, das Chabakkuk der Künder schauend empfing. [2] »Bis wann noch, DU!« habe ich gefleht und du hörst nicht, ich schreie zu dir: »Gewalt!« und du befreist nicht. [3] Warum lässest Arg du mich sehn und blickst der Peinigung zu? Unbill ist und Gewalttat vor mir, Streit geschieht und Hader erhebt sich. [4] Deshalb gerinnt die Weisung, zu Dauer fährt das Recht nicht hervor, denn der Frevler umzingelt den Bewährten, - deshalb fährt ein Recht aus, das verkrümmt ist. [5] Auf die Weltstämme seht, blicket hin, erstaunet, staunet euch an! denn in euren Tagen wirkt einer ein Werk, nie glaubtet ihrs, würde es erzählt. [6] - Denn wohlan, die Chaldäer stelle ich auf, den rauhen und raschen Stamm, der die Weiten der Erde durchwandert, Wohnplätze zu ererben, die nicht sein sind. [7] Gräßlich und furchtbar ist er, von ihm selber fährt aus sein Recht und seine Erhobenheit. [8] Leichter sind seine Rosse als Pardel, schärfer als Steppenwölfe, seine Reisigen reißen drein, fernher kommen seine Reisigen, fliegen, wie ein Geier hastet zum Fraß. [9] Zu Gewaltigung kommts allsammt, ostwärts ist ihrer Antlitze Gleis, Gefangne rafft er wie Sand. [10] Der treibt mit Königen Spott, Würdenträger sind ihm ein Gelächter, der verlacht alles Bollwerk, Erdstaub schichtet er auf und eroberts, [11] dann wechselt der Wind, er zieht ab. - Und er verschuldet sich: diese seine Kraft wird ihm zum Gott! [12] Bist du nicht von urher mein Gott, DU, mein Heiliger? wir werden nicht sterben! DU, zum Gericht nur hast du eingesetzt ihn, Fels, zum Ermahnen nur hast du ihn gegründet. [13] Du, an Augen zu rein, daß du Bösem zusähst, der auf Pein du nicht zu blicken vermagst, warum solltest du nun zublicken den Tückischen, stumm bleiben, wenn der Frevler den Bewährtern verschlingt? [14] Du machtest den Menschen den Seefischen gleich, dem Gewürm gleich, über das niemand waltet! [15] Alles hat er mit dem Hamen gezogen, schleift in seinem Netze er fort, rafft in seinem Garne er ein, darum freut er sich und jubelt, [16] darum schlachtet er seinem Netz, räuchert er seinem Garn, denn durch sie ist sein Anteil fett und mastig sein Fressen. [17] Darf darum er leeren sein Netz, darf stets er Stämme würgen, nichts schonend?