Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

Hiob 22

[1] Elifas der Temaniter entgegnete, er sprach: [2] »Kann ein Mann dem Gottherrn frommen? Der Begreifende frommt sich selber. [3] Hat der Gewaltige Lust daran, daß du dich bewährst? oder hat er Gewinn, wenn deine Wege du schlichtest? [4] Wird um deine Fürchtigkeit er dich ermahnen, wird mit dir ins Gericht gehn: [5] "Ist nicht deiner Bosheit viel, endlos deine Verfehlungen? [6] Denn du pfändetest deine Brüder umsonst, streiftest Entblößten die Kleider ab, [7] nicht tränktest du mit Wasser den Matten, dem Hungernden verweigertest du Brot. [8] [»Der Mann des Arms, sein ist das Land, der Ansehnliche sitzt darin fest!«] [9] Witwen hast du leer fortgeschickt, die Arme der Waisen durfte man zermalmen. [10] Deshalb sind rings um dich Schlingen, jäh bestürzt dich der Schrecken. [11] Oder siehst du die Finsternis nicht, den Wasserschwall, der dich einhüllen will?" [12] Ist nicht Gott in Himmelshöhe? Und sieh das Haupt der Sterne, wie sie ragen! [13] Nun aber sprichst du: "Was weiß Gott! Kann hinterm Wetterdunkel er richten? [14] Gewölk ist ihm Versteck, und er sieht nicht, am Himmelskreis wandelt er dahin!" [15] Hältst den Pfad der Vorzeit du inne, drauf die Leute der Arglist schritten, [16] die gepackt wurden, als die Frist noch nicht war: ein Strom, ergoß sich ihr Grund - ? [17] sie sprachen zum Gottherrn: "Weiche von mir!" und: "Was mag für uns der Gewaltige wirken!" [18] [ - er, mit Gutem hatte er ihre Häuser gefüllt!] und dazu: "Fern von mir ist der Schuldigen Rat!" [19] Die Bewährten sehens und freun sich, ihrer spottet der Unsträfliche: [20] "Ists nicht so: unsre Empörerschaft wird getilgt, ihren Rest wird das Feuer fressen!" [21] Werde ihm doch fromm und befriede dich, davon wird dir das Gute kommen. [22] Nimm doch Weisung aus seinem Mund an, setze dir seine Sprüche ins Herz! [23] Kehrst du um zum Gewaltigen, wirst du aufgebaut, entfernst aus deinen Zelten die Falschheit. [24] Leg zum Staub das erlesene Erz, zum Kies der Bäche das Ofirgold, [25] dann wird der Gewaltige deine Erzbarren sein, firstklares Silber dir. [26] Denn dann wirst du am Gewaltigen dich erquicken, wirst zum Gottherrn dein Antlitz erheben, [27] zu ihm flehn und er wird dich erhören, bezahlen wirst du deine Gelübde, [28] Du bestimmst im Spruch und es ersteht dir, über all deinen Wegen strahlt Licht. [29] Hat man einen erniedert, sprich: "Es war Hoffart!" Der die Augen senkt, ihn befreit er, [30] ließ einen nicht Unsträflichen er entrinnen, entrann er, dann: "Durch die Läuterung deiner Hände"!«