Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

Jesaja 3

[1] Ja, wohlan, der Herr, ER der Umscharte entfernt von Jerusalem und von Jehuda Stützstab und Stützkrücke, alle brotgleiche Stütze und alle wassergleiche Stütze, - [2] Held und Kriegsmann und Richter und Künder und Wahrsager und Ältesten, [3] Fünfzigschaftsobern und Hochangesehnen und Rat und Weisen in Künsten und Raunegescheiten: [4] Ich gebe Knaben ihnen zu Obern, Verspielte sollen über sie walten. [5] Aufeinander los treibt das Volk, jedermann auf jedermann, jeder Mann auf seinen Genossen, sie erdreisten sich, der Knabe wider den Alten, der Geringe wider den Geehrten. [6] Wenn dann ein Mann seinen Bruder, von seinem Vaterschafthaus her, anfaßt: Du hast noch ein Gewand, Schöffe mußt du uns sein, dies Wankende, unter deiner Hand seis! [7] wird der anheben jenes Tags, so zu sprechen: Ich mag nicht Wundverbinder sein, in meinem Haus ist kein Brot, auch kein Gewand, als Volksschöffen einsetzen dürft ihr mich nicht. [8] Ja denn, Jerusalem strauchelt, Jehuda fällt, ist ja ihre Zunge, ihr Spiel gegen IHN, seiner Ehre ins Auge zu trotzen! [9] Das Gepräg ihrer Antlitze überantwortet sie, ihre Sünden melden wie Sodom sie an, sie können sie nicht verhehlen. Weh ihrer Seele, denn sie reifen sich selber das Böse! [10] Sprecht vom Bewährten: daß er am Guten ist, denn die Frucht ihres Wirkens werden die essen, [11] und ein Wehe: dem Frevler das Böse, denn was durch seine Hände reifte, wird ihm angetan. [12] Mein Volk, spielerisch ist seiner Treiber ein jeder Weiber walten ihm ob. O mein Volk! die dich lenken, führen irre, sie haben den Weg deines Wanderns verstört. [13] Da tritt ER in den Streit ein, steht hin, abzuurteilen Völker, [14] ER selber kommt ins Gericht mit den Ältesten seines Volks, dessen Obern: ... Und ihr, abgeweidet habt ihr den Weinberg, der Raub des Gebeugten ist in euren Häusern, - [15] was ist das mit euch, daß ihr mein Volk zerklopft, das Antlitz der Gebeugten zermahlt! - Erlauten ists von meinem Herrn, IHM dem Umscharten. - [16] ER hat gesprochen: Weil die Töchter Zions hochfahrend sind und gehn, gereckt die Kehle, scheelwinkend die Augen, gehn trippelnden Gangs und klirren mit ihren Füßen, [17] wird mein Herr den Scheitel der Töchter Zions vergrinden, ER wird ihre Scham entblößen, - [18] entfernen wird mein Herr an jenem Tag das Gepränge: des Knöchelgeklirrs, der Stirngeflechte, der Möndchen, [19] der Tropfgehänge, der Armspangen, der Flatterschleier, [20] der Prangekronen, der Schrittkettlein, der Knüpfschärpen, der Duftgehäuse, der Runenplättchen, [21] der Siegelringe, der Nasenreife; [22] der Festkleider, der Schauben, der Kragen, der Täschchen, [23] der Putzspiegel, der Hemdchen, der Kopfbunde, der Überwurfflöre. [24] Es wird geschehn: statt Balsams wird Moder sein, statt eines Gürtels ein Strick, statt Lockengekräusels Glatze, statt Pludermantels Sackleinenumgürtung, - Schandmal statt Schönheit! [25] Deine Leute fallen durchs Schwert, deine Heldenschaft durch den Krieg. - [26] Ihre Pforten klagen und trauern, ausgeraubt sitzt sie nieder zur Erde.