Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

Prediger 1

[1] Reden »Versammlers«, Sohns Dawids, Königs in Jerusalem. [2] Dunst der Dünste, spricht Versammler, Dunst der Dünste, alles ist Dunst. [3] Welchen Vorteil hat der Mensch von all seiner Mühe, damit er sich abmüht unter der Sonne? [4] Ein Geschlecht geht, ein Geschlecht kommt, und die Erde steht in Weltzeit. [5] Strahlt die Sonne auf, kommt die Sonne hinab, sie strebt zu ihrem Ort, dort verstrahlt sie. [6] Nach dem Süden geht, nach dem Norden kreist, kreist und kreist und geht der Wind, in seinen Kreisen kehrt der Wind. [7] Alle Bäche gehn zum Meer und das Meer ist keinmal voll, an den Ort, dahin die Bäche gehn, dorthin kehren sie sich zum Weitergehn. [8] Ermüdend sind alle beredbaren Dinge, niemand kann sie zu Rede machen. Nicht sättigt sich das Auge am Sehn, nicht füllt sich das Ohr mit Hören. [9] Was im Sein war, ist was sein wird, und was man tat, ist was man tun wird, keinerlei Neues unter der Sonne! [10] West ein Ding, davon einer spricht: »Sieh dieses an, das ist neu«, längst ists gewesen, in der Weltdauer, die vor uns gewesen ist. [11] Kein Gedenken ist für die Frühen, und auch für die Späten, die sein werden, für sie wird kein Gedenken sein bei denen, die spätest dasein werden. [12] Ich, »Versammler«, war König über Jissrael in Jerusalem. [13] Ich gab mein Herz daran, in der Weisheit zu forschen und zu spüren nach allem, was unter dem Himmel getan wird: ein übles Geschäft hat da Gott den Menschenkindern gegeben, sich damit zu befassen. [14] Ich habe alles Tun gesehn, das unter dem Himmel getan ward, und da, alles ist Dunst und ein Trachten nach Wind. [15] Verkrümmtes, nicht vermag mans grade zu richten, Mangel, nicht vermag mans in Zahl zu bringen. [16] Ich habe, ich, mit meinem Herzen geredet, sprechend: Ich da, meine Weisheit habe ich großgemacht und gemehrt über alles, was vor mir über Jerusalem war, und mein Herz hat viel eingesehen, Weisheit und Kenntnis. [17] Und nun gab ich mein Herz dran zu erkennen Weisheit und Kenntnis als Tollheit und Narrheit, - ich erkannte, daß auch dies ein Trachten nach Wind ist. [18] Denn in einer Fülle von Weisheit ist Verdrusses die Fülle, und wer Kenntnis mehrt, mehrt Schmerz.