Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

Psalm 55

[1] Des Chormeisters, zum Saitenspiel, eine Eingebungsweise Dawids.. [2] Lausche, Gott, meinem Gebet! nimmer hehle dich meinem Flehn! [3] merke auf mich, antworte mir! Ich streife mit meiner Klage umher. Verstört bin ich [4] von der Stimme des Feindes, vor dem Martern des Frevlers, denn sie rollen Arg auf mich nieder, im Zorn behadern sie mich. [5] Mein Herz windet sich mir im Innern, Todesängste sind auf mich gefallen, [6] Furcht und Zittern kommt mich an, zugehüllt hat mich der Schauder, [7] daß ich spreche: Wer gibt eine Schwinge mir gleich der Taube, ich entflöge und suchte Wohnung, [8] wohl, ich flatterte fernhin, nächtigte in der Wüste! / Empor! / [9] Ich ereilte mir ein Entrinnen vor dem sausenden Wind, vor dem Sturm. [10] Wirre, mein Herr, spalte ihre Zunge! Denn ich sehe Unbill und Streit in der Stadt, [11] tags und nachts umkreisen sie die auf ihren Mauern, ihr im Innern sind Arg und Pein, [12] ihr im Innern ist Verhängnis, nicht rührt sich von ihrem Markte Erpressung und Betrug. [13] Doch nicht ein Feind höhnt mich - ich wollte es tragen - , nicht mein Hasser hat großgetan wider mich - ich wollte mich vor ihm verstecken - , [14] nein, du, ein Mensch mir gleichwert, mein Gefährte und mein Vertrauter, [15] die miteinander süßes Einvernehmen wir pflogen, ins Haus Gottes gingen im Getümmel. - [16] Der Tod überrumple sie! lebend sollen sie sinken ins Gruftreich! denn wo sie gasten, ist Böses ihnen im Innern. [17] Ich, zu Gott rufe ich und ER wird mich befrein, [18] abends, morgens und mittags klage ich und ich stöhne. - Gehört hat er doch meine Stimme, [19] hat meine Seele abgegolten in Frieden vor dem Angriff auf mich, denn zu vielen waren sie mir entgegen. [20] Erhören wird der Gottherr und antworten ihnen, er, der von ureinst her thront, / Empor! / da es für sie kein Wechselseits gibt und sie Gott nicht fürchten. [21] Jener legt seine Hand an die ihm Befriedeten, seinen Bund gibt er preis, [22] glatt sind die Rahmworte seines Munds, aber Angriff ist sein Herz, seine Reden dünken weicher als Öl, aber gezückte Degen sind sie. [23] Wirf auf IHN dein Geschick, er selber wird dich versorgen, er gibt auf Weltzeit nicht zu, daß ein Bewährter wanke. [24] Du selber, Gott, wirst sie senken in die Brunnentiefe der Grube, die Männer von Bluttat und Trug erreichen die Hälfte nicht ihrer Tage. Ich aber, ich weiß mich sicher an dir.