Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

1 Mose 29

[1] Jaakob hob seine Füße und ging nach dem Land der Söhne des Ostens. [2] Er sah sich um, da war ein Brunnen auf dem Feld, und da, drei Schafherden lagerten dort dran, denn aus jenem Brunnen pflegte man die Herde zu tränken. Der Stein aber war groß auf dem Munde des Brunnens. [3] Wenn nun alle Herden dort zusammengeholt waren, wälzte man den Stein von dem Munde des Brunnens, man tränkte die Schafe, dann tat man den Stein wieder auf den Mund des Brunnens an seinen Ort. [4] Jaakob sprach zu ihnen: Brüder, wo seid ihr her? Sie sprachen: Aus Charan sind wir. [5] Er sprach zu ihnen: Kennt ihr Laban, den Sohn Nachors? Sie sprachen: Den kennen wir. [6] Er sprach zu ihnen: Ist Friede mit ihm? Sie sprachen: Friede - , und da kommt ja seine Tochter Rachel mit den Schafen. [7] Er sprach: Noch ists ja hoch am Tag, nicht ists die Stunde, das Vieh einzuholen, tränkt die Schafe und geht wieder, weidet. [8] Sie sprachen: Wir könnens nicht, bis daß alle Herden zusammengeholt sind, dann wälzt man den Stein von dem Munde des Brunnens und wir tränken die Schafe. [9] Während er noch mit ihnen redete, kam Rachel mit den Schafen die ihres Vaters waren; sie war nämlich Hirtin. [10] Sowie nun Jaakob Rachel sah, die Tochter Labans des Bruders seiner Mutter, und die Schafe Labans des Bruders seiner Mutter, trat Jaakob herzu, er wälzte den Stein von dem Munde des Brunnens und tränkte die Schafe Labans, des Bruders seiner Mutter. [11] Dann küßte Jaakob Rachel, und er erhob seine Stimme und weinte. [12] Und Jaakob meldete Rachel, daß er ihres Vaters Bruder sei und daß er Ribkas Sohn sei. Sie lief und meldete es ihrem Vater. [13] Als nun Laban das Vernehmen von Jaakob, dem Sohn seiner Schwester vernahm, lief er ihm entgegen, umarmte ihn und küßte ihn ab und ließ ihn in sein Haus mitkommen. Und er erzählte Laban all die Begebnisse. [14] Laban sprach zu ihm: Freilich, du bist mein Bein und mein Fleisch. Und er blieb bei ihm die Tage einer Mondneuung. [15] Laban sprach zu Jaakob: Sollst du mir denn, weil du mein Bruder bist, umsonst dienen?! melde mir, was soll dein Lohn sein? [16] Laban hatte aber zwei Töchter, der Name der Ältern war Lea, der Name der Jüngern war Rachel. [17] Die Augen Leas waren schwach, Rachel aber war schön von Gestalt und schön von Angesicht. [18] Jaakob liebte Rachel. Er sprach: Ich will dir sieben Jahre dienen um Rachel, deine jüngere Tochter. [19] Laban sprach: Besser, ich gebe sie dir, als ich gebe sie einem anderen Mann, verweile bei mir. [20] Jaakob diente um Rachel sieben Jahre, und sie waren in seinen Augen wie einige Tage, weil er sie liebte. [21] Dann sprach Jaakob zu Laban: Her nun mein Weib, denn meine Werktage sind voll, daß ich zu ihr eingehe. [22] Laban holte alle Leute des Orts zusammen und machte ein Trinkmahl. [23] Am Abend aber nahm er seine Tochter Lea und brachte sie zu ihm, und er ging zu ihr ein. [24] Und Laban gab ihr Silpa, seine Magd, Lea seiner Tochter zur Magd. [25] Am Morgen aber, da, es war Lea! Er sprach zu Laban: Was hast du mir hier getan! habe ich nicht um Rachel bei dir gedient? warum hast du mich betrogen? [26] Laban sprach: So tut man nicht an unserm Ort, die Jüngre fortzugeben vor der Ersten, [27] erfülle die Brautwoche dieser, dann geben wir dir auch diese, um den Dienst, den du bei mir dienen wirst noch andre sieben Jahre. [28] Jaakob tat so, er erfüllte die Brautwoche dieser, dann gab er ihm seine Tochter Rachel zum Weib. [29] Und Laban gab seiner Tochter Rachel Bilha seine Magd, ihr zur Magd. [30] So ging er auch zu Rachel ein und durfte auch Rachel lieben, - mehr als Lea. Dann diente er bei ihm noch andere sieben Jahre. [31] ER sah, daß Lea die Gehaßte war, und er öffnete ihren Schoß, Rachel aber blieb wurzelverstockt. [32] So wurde Lea schwanger und gebar einen Sohn, und sie rief seinen Namen: Ruben, Sohnessicht; denn sie sprach: Angesehn hat ER mein Bedrücktsein, ja, jetzt wird mein Mann mich lieben. [33] Wieder wurde sie schwanger und gebar einen Sohn, und sprach: Ja, gehört hat ER, daß ich die Gehaßte bin, so hat er mir auch diesen gegeben. Und rief seinen Namen: Schimon, Erhörung. [34] Wieder wurde sie schwanger und gebar einen Sohn, und sprach: Jetzt, diesmal wird sich mein Mann mir anlehnen, ich habe ihm ja drei Söhne geboren. Darum rief man seinen Namen: Lewi, Lehnean. [35] Wieder wurde sie schwanger und gebar einen Sohn, und sprach: Diesmal will ich danksagen IHM! Darum rief sie seinen Namen: Jehuda, Danksage. Dann hörte sie auf zu gebären.