Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

1 Mose 30

[1] Rachel sah, daß sie dem Jaakob nicht gebar, Rachel neidete ihre Schwester. Sie sprach zu Jaakob: Her mir Kinder! wo nicht, sterbe ich. [2] Jaakobs Zorn entflammte wider Rachel, er sprach: Bin ich denn an Gottes Statt, der dir Frucht des Leibes vorenthalten hat? [3] Sie sprach: Da ist meine Sklavin Bilha. komm zu ihr, daß sie auf meinen Knien gebäre und auch ich aus ihr bekindet werde. [4] Sie gab ihm Bilha, ihre Magd, zum Weibe, und Jaakob kam zu ihr.. [5] Bilha wurde schwanger und gebar Jaakob einen Sohn. [6] Rachel sprach: Geurteilt hat Gott über mich und auch erhört hat er meine Stimme, er hat mir einen Sohn gegeben. Darum rief sie seinen Namen: Dan, Urteiler. [7] Wieder ward Bilha, Rachels Magd, schwanger und gebar Jaakob einen zweiten Sohn. [8] Rachel sprach: Einen Gotteswettkampf habe ich mit meiner Schwester gekämpft und habe übermocht. Sie rief seinen Namen: Naftali, Wettkämpfer. [9] Als nun Lea sah, daß sie aufhörte zu gebären, nahm sie Silpa, ihre Magd, und gab sie Jaakob zum Weibe. [10] Silpa, Leas Magd, gebar Jaakob einen Sohn. [11] Lea sprach: Glück zu! Sie rief seinen Namen: Gad, Glück. [12] Silpa, Leas Magd, gebar Jaakob einen zweiten Sohn. [13] Lea sprach: Zu meiner Seligkeit! denn selig preisen mich die Töchter. Sie rief seinen Namen: Ascher, Selig. [14] Ruben ging in den Tagen der Weizenernte und fand Minneäpfel auf dem Feld und brachte sie Lea seiner Mutter. Rachel sprach zu Lea: Gib mir doch von den Minneäpfeln deines Sohnes! [15] Die sprach zu ihr: Ists noch zu wenig, daß du meinen Mann genommen hast, mußt du auch die Minneäpfel meines Sohnes nehmen? Rachel sprach: Mag er drum die Nacht bei dir liegen für die Minneäpfel deines Sohnes. [16] Als Jaakob des Abends vom Feld kam, trat Lea ihm entgegen und sprach: Zu mir mußt du kommen, denn Gedings ausbedungen habe ich dich um die Minneäpfel meines Sohnes. Er lag bei ihr in jener Nacht, [17] und Gott erhörte Lea, sie wurde schwanger und gebar Jaakob einen fünften Sohn. [18] Lea sprach: Gott gab mir meinen Gedinglohn, weil ich meine Magd meinem Manne gegeben habe. Sie rief seinen Namen: Jissachar, Ausbedingnis. [19] Wieder wurde Lea schwanger und gebar Jaakob einen sechsten Sohn. [20] Lea sprach: Zugerichtet hat mir Gott ein gutes Gericht, diesmal wird mein Mann mich aufrichten, denn sechs Söhne habe ich ihm geboren. Sie rief seinen Namen: Sbulun, Aufrecht. [21] Danach gebar sie eine Tochter und rief ihren Namen Dina. [22] Gott aber gedachte Rachels, Gott erhörte sie und öffnete ihren Schoß, [23] sie wurde schwanger und gebar einen Sohn. Sie sprach: Assaf - hinwegschaffte Gott meine Schmach. [24] Und rief seinen Namen: Jossef, sprechend: Jossef - hinzufüge mir ER noch einen Sohn. [25] Als nun Rachel Jossef geboren hatte, sprach Jaakob zu Laban: Entsende mich heim, daß ich an meinen Ort, in mein Land gehe, [26] gib heraus meine Weiber und meine Kinder, um die ich gedient habe bei dir, und ich will gehn, - du selber weißt ja meinen Dienst, den ich dir diente. [27] Laban sprach zu ihm: Möchte ich doch Gunst in deinen Augen gefunden haben! Ich habs erahnt: um deinetwillen hat ER mich gesegnet. [28] Und sprach: Bezeichne mir doch deinen Lohn, ich will ihn geben. [29] Er aber sprach zu ihm: Du selber weißt, wie ich dir gedient habe, und was aus deinem Vieh geworden ist bei mir. [30] Denn wenig wars was du hattest vor mir, und ausgebrochen ists in Menge, so hat ER dich in meiner Spur gesegnet. Und jetzt, wann mag auch ich für mein Haus tun? Er sprach: [31] Was soll ich dir geben? Jaakob sprach: Gar nichts sollst du mir geben - tust du mir dieses nur, dann kehr ich, weid ich deine Tiere, wach ich: [32] ich will heute durch all deine Tiere gehn, entferne von dort alljedes gesprenkelte und gefleckte Stück; dann soll alljedes braune Stück unter den Schaflämmern und das Gefleckte und das Gesprenkelte unter den Ziegen mein Lohn sein. [33] Und verantworten mag mich am künftigen Tag meine Wahrhaftigkeit: wenn du auf meinen Lohn den du vor dir hast kommst, alles was nicht gesprenkelt und gefleckt ist unter den Ziegen und braun unter den Schaflämmern, das gelte bei mir als gestohlen. [34] Laban sprach: Ach ja, nach deiner Rede möge es geschehn. [35] Er entfernte am selben Tag die gestreiften und gefleckten Böcke und alle gesprenkelten und gefleckten Ziegen, alles woran Weiß war, und alles Braune unter den Schaflämmern, und übergab es seinen Söhnen. [36] Dann legte er einen Weg von drei Tagen zwischen sich und Jaakob. Jaakob aber weidete fort Labans übrige Tiere. [37] Nun nahm sich Jaakob Stäbe von Weißpappel, frische, von Mandel und Platane und schälte daran weiße Schälungen, das Weiße, das an den Stäben, entblößend, [38] und stellte die Stäbe, die er geschält hatte, in die Rinnen, in die Wassertränken, wohin die Tiere zu trinken kamen, den Tieren gegenüber. Sie waren aber in der Brunst, als sie zu trinken kamen. [39] So brunsteten die Tiere vor den Stäben. Dann warfen die Tiere, Gestreifte, Gesprenkelte, Gefleckte. [40] Die Lämmer nun schied Jaakob aus: er gab zum Vortrab der Tierherde das Gestreifte und alles Braune unter Labans Tieren und tat sich so besondre Triebe zusammen, die tat er nicht zu Labans Tieren. [41] Es geschah fortan allsooft die kräftigen Tiere in der Brunst waren: Jaakob legte die Stäbe den Tieren vor die Augen in die Rinnen, daß sie bei den Stäben brunsteten. [42] Wenn aber die Tiere schwächlich waren, legte ers nicht. So wurden die schwächlichen Labans, die kräftigen Jaakobs. [43] Der Mann brach mächtig, mächtig aus, er hatte viele Tiere, und Mägde und Knechte, Kamele und Esel.