Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

Hiob 11

[1] Zofar der Naamaiter entgegnete, er sprach: [2] »Der Reden viel - soll man dem nicht entgegnen? oder soll ein Lippenmann bewahrheitet werden? [3] Dein Geschwätz macht die Leute schweigen, du höhnst, und keiner darf schimpfen! [4] Du sprichst: "Rein ist meine Botschaft, lauter bin ich gewesen" - in deinen Augen! [5] Jedoch, wer gäbs, der Gottherr spräche, öffnete wider dich seine Lippen [6] und sagte dir Verhohlnes der Weisheit an, wie ein Doppelwesen am Sinn ist: so erkenn, daß der Gottherr von deinem Fehl dir Vergessen gewährt! [7] Willst du Gottes Urgrund finden, oder hinfinden bis zur Vollendung des Gewaltigen? [8] Himmelshöhn - was wirkst du? Tiefer als das Gruftreich - was kennst du? [9] Länger als die Erde an Maß und breiter als das Meer! [10] Fährt einher er, setzt gefangen, versammelt, wer wollte ihn umkehren machen! [11] Denn er, er kennt die Leute des Wahns, er sieht das Arg und brauchts nicht zu betrachten. [12] Doch auch ein hohler Mann kann herzhaft werden, wird ja als Wildeselfüllen jeder Mensch geboren: [13] Du, wenn du ausrichtest dein Herz und zu ihm deine Hände breitest, [14] ist Arg an deiner Hand, entfernst dus, lässest Falsch in deinen Zelten nicht wohnen, [15] wohl, dann darfst du dein Antlitz ohne Flecken erheben, gefestet bist du und hast nichts zu fürchten, [16] wohl, du selber vergissest den Harm, denkst sein wie verronnenen Wassers, [17] mittagshell ersteht das Währen, die Trübnis wird dem Morgen gleich, [18] du weißt dich gesichert, denn Hoffnung west, ausfindig machst du, wo sicher du ruhst, [19] lagerst du, ist da keiner, der aufstört, viele sänftigen das Angesicht dir. [20] Den Frevlern aber zehren die Augen sich auf, die Zuflucht entschwindet vor ihnen, ihre Hoffnung ist der Aushauch der Seele.«