Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

Hiob 33

[1] Somit höre doch, Ijob, meine Worte, lausche all meinen Reden! [2] Wohl, da habe meinen Mund ich geöffnet, die Zunge redet mir am Gaumen. [3] Geradheit meines Herzens sind meine Sprüche, das Wissen meiner Lippen, in Lauterkeit worten sie es. [4] Der Geist des Gottherrn hat mich gemacht, der Hauch des Gewaltigen belebt mich. [5] Vermagst dus, antworte mir, rüste dich mir ins Antlitz, stell dich! [6] Wohl, vorm Gottherrn bin ich deinesgleichen, auch ich ward aus Lehm gekniffen, [7] wohl, Entsetzen vor mir wird dich nicht ängsten, meine Wucht dich nicht belasten. [8] Eben hast du in meine Ohren gesprochen, den Laut von Worten habe ich gehört: [9] "Rein bin ich, ohne Abtrünnigkeit, ich da sauber, nicht ein Fehl ist an mir, [10] wohl, Befechtungen findet Er gegen mich, will mich als ihm feindlich erachten, [11] er legt in den Block meine Füße, er beobachtet all meine Pfade." [12] - Wohl, darin bist du nicht bewahrheitet, ich entgegne es dir, denn größer als das Menschlein ist Gott. [13] Weshalb hast wider ihn du gestritten? Drum daß dem auf all seine Reden er entgegnen nicht will? [14] Denn zu Einem Maleachi redet der Gottherr, und zum zweiten mag mans nicht gewahr werden. [15] In dem Traum nächtlicher Schau, wann Betäubung auf Menschen fällt, in Schlummerzeiten auf dem Lager, [16] da macht er das Ohr der Leute bar, und um ihre Zucht siegelt ers ein, [17] Menschen zu entziehen der Untat, daß die Hoffart vor dem Manne er berge, [18] daß er seine Seele vor der Grube verhalte, sein Leben davor, in den Spieß zu rennen. [19] Ermahnt wird er auf seinem Lager durch Schmerzen, beständigen Streit seines Gebeins, [20] sein Lebensgeist macht das Brot ihn widern, seine Seele die begehrte Speise, [21] sein Fleisch verzehrt sich vom Ansehn weg, kahl werden ihm die Gebeine, man sieht sie nicht mehr, [22] der Grube naht seine Seele, sein Lebensgeist den Tötern: [23] wenns da über ihm einen Boten gibt, einen Dolmetsch, einen von tausend, für den Menschen sein Geradsein anzumelden, [24] und Gott solch einem Gunst schenkt, spricht Er: "Erkaufe ihn vom Abstieg in die Grube. Ich habe Deckung gefunden." [25] Sein Fleisch schwillt von Jugend, zu den Tagen seiner Frische kehrt er wieder. [26] Er fleht zu Gott, und der nimmt zu Gnaden ihn an, er darf Sein Antlitz sehn im Jubelschrei. Er läßt die Bewahrheitung wiederkehren zum Menschlein. [27] Das singt an die Leute hin, es spricht: "Ich habe gesündigt, habe das Grade verkrümmt, und Er hats mir nicht vergolten, [28] Er hat meine Seele von der Fahrt in die Grube erkauft, ins Licht darf mein Lebensgeist sehn." [29] Wohl, all dies wirkt der Gottherr, zwei-, dreimal an dem Mann, [30] seine Seele von der Grube umkehren zu lassen, vom Licht des Lebens erleuchtet zu werden. [31] Merk auf, Ijob, höre mir zu, sei still, und ich, ich will reden, [32] gibts Worte, erwidre mir, rede, denn ich wünsche deine Bewahrheitung, [33] sind da keine, hör du mir zu, sei still, und ich übe Weisheit dir ein.«