Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

Hiob 36

[1] Elihu fügte hinzu, er sprach: [2] »Warte ein wenig mir zu, und ich sage es dir an, denn für den Gottherrn sind noch Worte da. [3] Ich trage fernher mein Gewußtes herbei und gebe Bewahrheitung ihm, der mich bewirkte. [4] Denn, traun, nicht sind Lug meine Worte, ein am Wissen Vollständiger ist bei dir. [5] Wohl, der Gottherr ist mächtig, er verschmäht aber nicht, mächtig ist er an Herzenskraft. [6] Nicht hält er den Schuldigen am Leben, den Elenden gibt er das Recht, [7] vom Bewährten hebt er seine Augen nicht ab. Und so ists mit den Königen: hin zum Thron, da er sie hinsetzte "auf ewig", sie aber haben sich überhoben ... - [8] sind sie erst mit Fesseln gebunden, in den Stricken des Elends gefangen, [9] vermeldet er ihnen ihr Werk, ihre Abtrünnigkeiten; daß sie überschwollen, [10] und macht ihr Ohr bar für die Zucht, spricht ihnen zu, daß sie umkehren vom Arg. [11] Wenn sie hören und dienen, verbringen sie ihre Tage im Guten, ihre Jahre im Behagen, [12] wenn sie aber nicht hören, in den Spieß müssen sie rennen, im Unwissen verscheiden. [13] Zorn hegen die entarteten Herzens, sie rufen ihn nicht an, wenn er sie band, - [14] in der Jugend muß derer Seele sterben, ihr Lebensgeist in der Weihezeit. [15] Er entschnürt den Elenden durch sein Elend, durch die Qual macht er das Ohr ihnen bar. [16] So wollte auch dich er dem Rachen der Bedrängnis entlocken, - in eine Weite, an deren Statt es nie eng wird, und die Ruhe deines fettreichen Tisches. [17] Bist du aber vom Urteilen des Schuldigen erfüllt, greifen Urteil und Gerechtigkeit zu. [18] Denn ein Grimm ist: es könnte dich sonst in Genüge verstocken. Und das große Deckgeld leite nimmer dich ab! [19] Tritt dein Schrei in Bedrängnis gegen ihn auf den Plan und all die Kraftanstrengungen? [20] Lechze nicht nach der Nacht, da Völker auffliegen vor ihrer Statt! [21] Wahre dich! wende dich nimmer dem Arg zu, daß du es eher wähltest als das Elend! [22] Wohl, der Gottherr ragt in seiner Kraft, wer ist ein Unterweiser ihm gleich? [23] Wer ordnet für ihn seinen Weg zu und wer spricht: "Du hast Falschheit gewirkt"? [24] Gedenk, daß sein Werk du überragend heißest, das die Leute besingen. [25] Jedermann, sie schaun drauf los, das Menschlein blickt hin aus der Ferne. [26] Wohl, überragend ist der Gottherr, uns nicht wißbar, unergründlich ist die Zählung seiner Jahre. [27] Denn die Wassertropfen holt er hervor, daß in seinem Nebel den Regen sie seihen, [28] den die Lüfte rieseln lassen, über die vielen Menschen träufen. [29] Merkt einer gar auf des Gewölks Breitungen, das Krachen Seiner Verschirmung! [30] Wohl, Er breitet um sich sein Geleucht und holt eine Hülle von den Wurzeln des Meers. [31] Denn damit urteilt Völkern Er zu, gibt Er Speise in Macht aus. [32] In Geleucht hüllt Er beide Hände und entbietets als einer, der treffen läßt. [33] Sein Geschmetter meldet Ihn an, der eifern heißt den Zorn wider die Falschheit.