Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

Hiob 5

[1] Rufe doch! gibts dir einen Antwortenden? und an wen von den Heiligen wendest du dich? [2] Den Narren bringt ja der Unmut um, den Einfältigen tötet die Ereiferung. [3] Ich selber sah einen Narren wurzeln, - ein Plötzliches, und ich mußte seine Trift verwünschen. [4] Seine Söhne bleiben fern der Befreiung, sie werden im Tore zermalmt, und kein Retter ist, [5] Was sie ernteten, der Hungrer verzehrts, er nimmts an der Fanghaken einen, - das Garn erschnappt ihre Habe. [6] Denn nicht vom Staube fährt das Arg aus, der Harm entsprießt nicht dem Boden, [7] sondern der Mensch ists, der den Harm erzeugt, hochhin fliegen die Flammenkinder. [8] Ich jedoch frage hin zum Gottherrn, zu Gott hin bringe ich meine Sache, [9] der Großes tut, unerforschlich, Wunderbares, bis wo keine Zahl ist, [10] der Regen gibt übers Antlitz der Erde, Wasser sendet übers Antlitz der Fluren; [11] der, Niedre zur Höhe zu bringen, daß Verdüsterte die Freiheit erklimmen, [12] die Planungen der Listigen zerbröckelt, daß ihre Hände nicht Geratendes tun; [13] der die Klugen fängt in ihrer List, daß sich der Gewundenen Rat überstürzt: [14] am Tage stoßen auf Finsternis sie, und wie nachts tappen sie am Mittag; [15] er befreit vom Schwert, von deren Maul, von der Hand des Stärkern den Dürftigen, [16] und dem Geringen wird Hoffnung, sperren muß Falschheit ihr Maul. [17] Da: o Glück des Menschleins, das von Gott gerügt wird! Die Zucht des Gewaltigen verschmähe nimmer! [18] Denn er selber fügt Schmerz zu und verbindet, er haut drein und seine Hände heilen. [19] In sechs Bedrängnissen rettet er dich, in sieben darf das Böse nicht an dich rühren: [20] in der Hungersnot kauft er vom Tode dich los, im Krieg aus den Händen des Schwerts, [21] beim Geißelschlag der Zunge wirst du versteckt, fürchtest dich nicht vor Gewaltigung, wenn sie daherkommt, [22] Gewalt und Darbnis verlachst du, und vor dem Getier des Landes fürchtest du dich nimmer. [23] Denn mit den Blöcken des Tales hast du einen Bund, und das Getier des Feldes hat dir sich befriedet. [24] Du weißt, daß in Frieden dein Zelt ist, du musterst deinen Hof und missest nichts, [25] du weißt, daß dein Same sich mehrt, deine Nachfahrn wie das Kraut des Erdreichs. [26] In rüstiger Reife kommst du zu Grabe, gleich dem Aufstieg der Garbe zu ihrer Frist. [27] Da: dies haben wir erforscht, so ists, höre es und wisse es dir!«