Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

Prediger 8

[1] Wer ist so weise, und wer erkennt die Bedeutung der Sache? Die Weisheit des Menschen wird sein Antlitz erleuchten, aufhellen wird sich seines Antlitzes Strenge. [2] Ich sage: auf den Mund des Königs achte, ists aber um die Sache eines Gottesschwurs, [3] haste nimmer, geh von seinem Antlitz hinweg, auf eine schlimme Sache stell nimmer dich ein, denn alles, woran er Gefallen hat, tut er, [4] dieweil des Königs Sache das Schalten ist, und wer spräche zu ihm: »Was tust du!« [5] Wer das Gebot beachtet, lernt eine üble Sache nicht kennen, aber die Frist und die rechte Art, das Herz des Weisen kennt sie. [6] [Denn für alles Anliegen west eine Frist und eine rechte Art, denn des Übels ist viel über dem Menschen. [7] Denn keiner kennt, was werden will, denn sowie es werden will, wer meldets ihm?] [8] Kein Mensch schaltet über den Wind, den Wind einzusperren, kein Schalten ist über den Tag des Todes und kein Freigeschicktwerden im Krieg, und nicht macht Frevelgut seinen Inhaber entrinnen. [9] All dieses habe ich gesehn, und tat mein Herz heran zu allem Tun, das getan wird unter der Sonne, in der Frist, da der Mensch über den Menschen schaltet, ihm zum Übel. [10] Sodann habe ich gesehn Frevler begraben werden, und sie kamen hinein, aber hinweg von heiligem Ort mußten gehn und vergessen werden in irgendeiner Stadt, die Redliches hatten getan, - auch dies ist Dunst! [11] Weil kein Verdikt über übles Tun eilends zur Tat wird, drum schwillt das Herz der Menschensöhne in ihnen, Übles zu tun, [12] dieweil der Sünder Übel tut hundertfach und besteht lange drauf los [ob ich auch kenne, daß »Gutes wird den Gottesfürchtigen, die sich vor ihm fürchten, [13] und nicht wird Gutes dem Frevler und nicht längert er die Tage, schattengleich, weil er keine Furcht hat vor Gott«]. [14] Ein Dunst west um das, was auf der Erde getan wird: daß Bewährte wesen, an die gelangt, was dem Tun der Frevler gemäß ist, und Frevler wesen, an die gelangt, was dem Tun der Bewährten gemäß ist, - ich habe gesprochen, daß auch dieses ein Dunst ist. [15] Und gerühmt habe ich die Freude, weil kein Gutes für den Menschen ist unter der Sonne als zu essen und zu trinken und sich zu freuen, und das kann ihn begleiten bei seiner Müh, die Tage seines Lebens, die ihm Gott gegeben hat unter der Sonne. [16] Dieweil ich mein Herz daran gab, Weisheit zu erkennen und das Geschäft anzusehn, das auf Erden getan wird [mag auch solch einer bei Tag und bei Nacht mit seinen Augen Schlaf nicht besehn], [17] habe ich an all dem Tun Gottes gesehn, daß der Mensch nicht vermag es auszufinden an dem Tun, das getan wird unter der Sonne, dessen wegen der Mensch sich müht zu suchen und findet nicht, und ob auch der Weise spricht, er sei am Erkennen, er vermags nicht zu finden.