Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

Psalm 107

[1] Danket IHM, denn er ist gütig, denn in Weltzeit währt seine Huld. [2] Sprechen sollens SEINE Erlösten, die aus der Hand des Bedrängers er löste [3] und holte sie zuhauf aus den Ländern, von Aufgang und von Abend, vom Nord und vom Meer. [4] Die in der Wüste schweiften, auf verödetem Weg, nicht fanden besiedelte Stadt, [5] hungernd, dazu dürstend, ihre Seele in ihnen verzagt, [6] die zu IHM schrien in ihrer Drangsal, die er rettete aus ihren Nöten [7] und ließ sie auf gradem Weg sich bewegen, in besiedelte Stadt zu gehn: [8] danken sollen sie IHM seine Huld, seine Wunder an Menschenkindern, [9] daß er sättigte die verschmachtende Seele, die hungernde Seele füllte mit Gutem. [10] Die in Finsternis saßen und Todesschatten, gefesselt in Qual und Eisen [11] - denn Gottessprüchen hatten sie widerstrebt, geschmäht den Ratschluß des Höchsten, [12] und er bezwang ihr Herz mit der Pein, sie strauchelten, und da war kein Helfer - [13] die zu IHM schrien in ihrer Drangsal, die er aus ihren Nöten befreite, [14] führte aus Finsternis und Todschatten sie und zerriß ihre Fesseln: [15] danken sollen sie IHM seine Huld, seine Wunder an Menschenkindern, [16] daß er eherne Türen brach, zerhieb eiserne Riegel. [17] Toren, von ihrem Abtrünnigkeitsweg, von ihren Verfehlungen her gequält [18] - alle Speise ward ihrer Seele zum Greuel, und sie gelangten an die Pforten des Tods - , [19] die zu IHM schrien in ihrer Drangsal, die er aus ihren Nöten befreite, [20] sandte sein Wort und heilte sie, ließ sie ihren Fallgruben entschlüpfen: [21] danken sollen sie IHM seine Huld, seine Wunder an Menschenkindern, [22] und sollen Dankopfer opfern und mit Jubel seine Taten erzählen. [23] Die aufs Meer niederzogen in Schiffen, Werktätige auf großen Wassern, [24] selber da SEINE Taten sahen, seine Wunder im Strudel [25] - wie er sprach und bestellte den Wind, den Sturm, und er hob seine Wogen - , [26] himmelan stiegen, urwirbeltief sanken, ihre Seele berstend im Übel, [27] sich drehten, schwankten wie ein Trunkner, all ihre Weisheit verwirrt, [28] die zu IHM schrien in ihrer Drangsal, die er führte aus ihren Nöten, [29] bannte den Sturm zur Stille daß ihre Wogen sich legten, [30] und sie freuten sich, daß die ruhten, und er leitete sie zum Hafen ihres Wunsches: [31] danken sollen sie IHM seine Huld, seine Wunder an Menschenkindern, [32] ihn erheben in der Versammlung des Volks, im Sitze der Alten ihn preisen. [33] Er macht Ströme zu Wüste, Wassersprünge zu Durstsand, [34] Fruchtland zu Salzsteppen, ob der Bosheit der darauf Siedelnden. [35] Er macht Wüste zum Wasserteich, Heideland zu Wassersprüngen. [36] Er siedelt dort Hungernde an, die besiedelte Stadt errichten, [37] Felder besäen, Weinberge pflanzen, Fruchtung auftun als Einkunft. [38] Er segnete sie, sie mehren sich sehr, und ihr Vieh mindert sich nicht. [39] Mindern sie dann aber doch sich und sinken durch Hemmung in Bösgeschick und Kummer, [40] gießt er über die Edeln Verachtung und läßt in unwegsamer Wildnis sie schweifen, [41] aber den Dürftigen entrückt er der Qual und macht Sippen draus, herdengleich. [42] Die Geraden sehens und freun sich, und alles Falsch versperrt seinen Mund. [43] Wer weise ist, wahre dies, innewerden mögen sie SEINER Hulden!