Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

Psalm 119

[1] O Glück ihrer, die schlichten Wegs sind, die in SEINER Weisung gehn, [2] o Glück ihrer, die seine Zeugnisse wahren, die mit allem Herzen fragen nach ihm! [3] Falsch haben sie durchaus nicht geübt, in seinen Wegen sind sie gegangen. - [4] Deine Ordnungen hast du selber entboten, sie sehr zu behüten. [5] Ach daß gefestet seien meine Wege, zu hüten deine Gesetze! [6] Dann würde ich nicht zuschanden, wann ich blicke auf all deine Gebote. [7] Ich danke dir in Herzensgeradheit, wann ich die Rechtsgeheiße lerne deiner Bewährung. [8] Ich will deine Gesetze hüten, - verlaß mich nimmer gar sehr! [9] Wodurch klärt ein Jüngling seine Bahn? Sich hütend gemäß deiner Rede. [10] Mit all meinem Herzen frage ich dir nach, - von deinen Geboten laß mich abirren nimmer! [11] In meinem Herzen speicherte ich deinen Spruch, damit an dir ich nicht sündige. [12] Gesegnet seiest du, DU, lehre mich deine Gesetze! [13] Mit meinen Lippen zähle ich auf alle Rechtsgeheiße deines Mundes. [14] Am Weg deiner Zeugnisse entzücke ich mich wie über allem Behagen. [15] Deine Anordnungen will ich besinnen, anblicken deine Bahnen, [16] mich an deinen Gesetzen erquicken, nicht vergessen deine Rede. [17] Fertige deinem Knechte es zu: möge ich leben, und hüten will ich deine Rede. [18] Mache meine Augen bar, daß ich erblicke Wunder aus deiner Weisung. [19] Ein Gast bin ich auf der Erde, nimmer verhehle mir deine Gebote! [20] Mir zermürbt sich vom Verlangen die Seele nach deinen Rechtsgeheißen zu aller Stunde. [21] Du beschiltst die Vermeßnen, verwünscht sind, die abirren von deinen Geboten. [22] Wälze von mir Hohn und Verachtung, denn deine Zeugnisse habe ich bewahrt. [23] Säßen auch Fürsten, wider mich sich beredend, dein Knecht besinnt deine Gesetze. [24] Wohl, deine Zeugnisse sind meine Erquickung, meine Ratsleute sie. [25] Meine Seele haftet am Staub, belebe mich gemäß deiner Rede! [26] Meine Wege erzählte ich und du antwortetest mir - lehre mich deine Gesetze, [27] lasse deiner Ordnungen Weg mich verstehn, besinnen will ich deine Wunder. [28] Vor Gram entsickert mir die Seele, erhalte mich gemäß deiner Rede! [29] Den Lügenweg rücke mir ab, vergönne mir deine Weisung! [30] Den Weg der Treue habe ich gewählt, deine Rechtsgeheiße gehegt. [31] An deinen Zeugnissen hafte ich - DU, beschäme mich nimmer! [32] Ich laufe den Weg deiner Gebote. denn du weitest mein Herz. [33] Weise mir, DU, den Weg deiner Gesetze, bewahren will ich ihn, als Lohn. [34] Mache mich verstehn und deine Weisung bewahr ich, mit allem Herzen hüte ich sie. [35] Laß mich auf dem Pfad mich deiner Gebote bewegen, denn an ihm habe ich Lust. [36] Zu deinen Zeugnissen neige mein Herz, nimmer zum Gewinn! [37] Zieh meine Augen vom Sehn des Wahngetriebs ab, belebe mich durch deinen Weg! [38] Halte deinem Knecht deinen Spruch, der gilt für das, was dich fürchtet! [39] zieh meine Verhöhnung hinweg, davor mir graut, denn deine Rechtsgeheiße sind gut. [40] Da, nach deinen Ordnungen verlangts mich, belebe mich durch deine Bewährung! [41] Und kommen mögen mir, DU, deine Hulden, dein Befreiertum gemäß deinem Spruch, [42] daß ich meinem Höhner Rede antworten kann, denn in deiner Rede bin ich gesichert. [43] Nimmer entreiße gar sehr meinem Mund die getreue Rede, denn ich harre deines Gerichts. [44] Hüten will ich deine Weisung stets in Weltzeit und Ewigkeit. [45] Ergehn darf ich mich in der Weite, denn ich frage deinen Ordnungen nach. [46] Von deinen Zeugnissen will ich vor Königen reden, und nie werde ich zuschanden. [47] Ich erquicke mich an deinen Geboten, die ich liebe. Ich hebe meine Hände zu deinen Geboten, die ich liebe, [48] und besinnen will ich deine Gesetze. [49] Gedenke der Rede zu deinem Knecht, drum daß du mich hast harren lassen. [50] Dies ist mein Trost in meinem Gebeugtsein, daß dein Spruch mich belebt. [51] Mich bewitzeln die Vermeßnen übersehr - von deiner Weisung biege ich nicht ab. [52] Ich gedenke deiner Gerichte von der Urzeit, DU, und ich getröste mich. [53] Samumglut faßt mich vor den Frevlern, die deine Weisung verlassen. [54] Harfenweisen werden mir deine Gesetze in meiner Gastschaft Haus. [55] In der Nacht gedenke deines Namens ich, DU, und will deine Weisung hüten. [56] Dieses ist mir geworden, da ich deine Ordnungen wahrte. [57] »Mein Teil ist ER«, habe ich gesprochen: deine Reden zu hüten. [58] Ich sänfte mit allem Herzen dein Antlitz - leih Gunst mir gemäß deinem Spruch! [59] Ich plane meine Wege um, kehre zu deinen Zeugnissen meine Füße. [60] Ich eile, ich verzögre mich nicht, deine Gebote zu hüten.. [61] Umwinden mich Stricke der Frevler, deine Weisung vergesse ich nicht. [62] Mittnachts stehe ich auf dir zu danken für die Gerichte deiner Bewährung. [63] Die dich fürchten, allen bin ich Gefährte und den Hütern deiner Ordnungen. [64] Deine Huld, DU, füllt die Erde, deine Gesetze lehre mich! [65] Gut hast du an deinem Knechte getan, DU, gemäß deiner Rede, [66] lehre mich das Gut an Erfahren und Kennen, denn ich vertraue deinen Geboten. [67] Ehe ich gebeugt ward, war ein Irrender ich, jetzt aber hüte ich deinen Spruch. [68] Gütig bist du und Gutes wirkend, lehre mich deine Gesetze! [69] Lug schmieren die Vermeßnen mir auf, der ich mit allem Herzen deine Ordnungen wahre. [70] Stumpf wie Fett ist ihr Herz, ich aber, an deiner Weisung habe ich Erquicken. [71] Gut ists mir, daß ich wurde gebeugt: damit ich deine Gesetze lerne. [72] Gut ist mir die Weisung deines Mundes mehr als Tausende Goldes und Silbers. [73] Deine Hände haben mich gemacht und gefestet, laß mich verstehn, auf daß deine Gebote ich lerne! [74] Die dich Fürchtenden werden mich sehn und sich freuen, denn auf deine Rede habe ich geharrt. [75] Ich erkenne, DU, daß Wahrheit sind deine Rechtsgeheiße und in Treuen du mich gebeugt hast. [76] Sei es doch deine Huld, mich zu trösten, gemäß deinem Spruch an deinen Knecht! [77] Dein Erbarmen komme mir, daß ich lebe, denn deine Weisung ist meine Erquickung. [78] Zuschanden müssen die Vermessenen werden, daß sie lügenhaft mich verzerrten, der ich deine Ordnungen besinne, [79] mir zukehren müssen sich, die dich fürchten, die deine Zeugnisse kennen. [80] Mein Herz sei schlicht in deinen Gesetzen, damit ich zuschanden nicht werde. [81] Nach deinem Befreien verzehrt sich meine Seele, ich harre auf deine Rede, [82] nach deinem Spruch verzehren sich meine Augen, da ich spreche: Wann wirst du mich trösten? [83] Denn wie ein Schlauch im Qualm bin ich worden, - deine Gesetze habe ich nicht vergessen. [84] Wieviel sind der Tage deines Knechts! - wann tust du Gericht an meinen Verfolgern? [85] Die Vermeßnen haben mir Gruben gebohrt, sie, die nicht deiner Weisung gemäß sind. [86] Alle deine Gebote sind Treue, lügnerisch verfolgt man mich, hilf mir auf! [87] Fast hätten sie aufgezehrt mich auf Erden, ich aber verlasse deine Ordnungen nicht. [88] Belebe mich gemäß deiner Huld, daß ich das Zeugnis hüten kann deines Mundes! [89] In Weltzeit, DU: deine Rede ist mit dem Himmel errichtet, [90] für Geschlecht um Geschlecht bleibt deine Treue, du hast die Erde gefestet, sie stand. [91] Nach deinen Rechtsgeheißen bestehn sie noch heut, denn das All, es sind deine Knechte. [92] Wäre deine Weisung nicht mein Erquicken, in meinem Gebeugtsein wäre dann ich geschwunden. [93] Deine Ordnungen vergesse ich nicht in die Zeit, denn du belebst mich durch sie. [94] Dein bin ich, befreie mich, denn deinen Ordnungen frage ich nach. [95] Auf mich harrten Frevler, mich verschwinden zu lassen, deine Zeugnisse will ich verstehen. [96] Aller Vollendung sehe ich eine Grenze, - gar weit ist dein Gebot. [97] Wie liebe ich deine Weisung! all den Tag ist sie mein Sinnen.. [98] Mehr als meine Feinde macht mich klug dein Gebot, denn in die Zeit hin ists mein, [99] mehr als all meine Lehrer darf ich begreifen, denn deine Zeugnisse sind mir das Sinnen, [100] mehr als die Alten kann ich verstehen, denn deine Ordnungen habe ich bewahrt. [101] Vor allem bösen Pfad hemmte ich meine Füße, damit ich deine Rede hüte. [102] Von deinen Rechtsgeheißen wich ich nicht ab, denn du bists, der mich unterwies. [103] Wie lind sind sie meinem Gaumen, mehr als Honig dein Spruch meinem Mund. [104] An deinen Ordnungen werde ich verständig, drum hasse ich allen Lügenpfad. [105] Eine Lampe ist meinem Fuß deine Rede, ein Licht meinem Steig. [106] Geschworen habe ich und ich wills halten, deiner Bewährung Rechtsgeheiße zu hüten. [107] Gar sehr bin ich gebeugt, DU, belebe mich gemäß deiner Rede! [108] Die Willigungen meines Munds nimm zugnaden doch an, DU, und lehre mich deine Rechtsgeheiße! [109] Meine Seele ist mir in der hohlen Hand stets, aber deine Weisung habe ich nicht vergessen. [110] Einen Sprenkel haben mir die Frevler gelegt, von deinen Ordnungen bin ich nicht abgeschweift. [111] In Weltzeit habe ich deine Zeugnisse eigen, denn das Entzücken meines Herzens sind sie. [112] Geneigt habe ich mein Herz, deine Gesetze zu tun, in Weltzeit ists Lohn. [113] Ich hasse die Zwiegegabelten, aber ich liebe deine Weisung. [114] Du bist mein Versteck und mein Schild, ich harre auf deine Rede. [115] Weicht, ihr Boshaften, von mir, die Gebote meines Gottes will ich wahren. [116] Stütze mich gemäß deinem Spruch, daß ich lebe, an meiner Erwartung laß mich nimmer zuschanden werden! [117] Bestätige mich, und ich bin befreit, stets will ich betrachten deine Gesetze. [118] Du ächtest alle, die abirren von deinen Gesetzen, denn ihre Trugkunst ist Lüge. [119] Als Schlacken enträumst du alle Frevler der Erde, darum liebe deine Zeugnisse ich. [120] Von deinem Schrecken grieselts durchs Fleisch mir, ich fürchte mich vor deinen Gerichten. [121] Ich tat Recht und Wahrhaftigkeit, überliefre mich nie meinen Bedrückern! [122] Für deinen Knecht bürge zum Guten, nimmer bedrücken dürfen mich die Vermeßnen! [123] Nach deiner Befreiung verzehren sich meine Augen, nach dem Spruche deiner Bewährung. [124] Tu an deinem Knecht gemäß deiner Huld, deine Gesetze lehre mich! [125] Dein Knecht bin ich, mache mich verstehn, daß deine Zeugnisse ich erkenne. [126] Es ist die Stunde, für DICH zu tun: sie zerbröckeln deine Weisung. [127] Darum liebe ich deine Gebote mehr als Gold und als Feinerz, [128] darum halte ich alle Ordnungen in allem gerad ein, allen Lügenpfad hasse ich. [129] Deine Zeugnisse sind wundersam, darum wahrt sie meine Seele.. [130] Die Eröffnung deiner Reden leuchtet, Einfältige macht sie verständig. [131] Ich reiße meinen Mund auf und schnappe, denn mich verlangts nach deinen Geboten. [132] Wende dich mir zu und leihe mir Gunst gemäß dem Recht für sie, die deinen Namen lieben! [133] Meine Tritte festige mit deinem Spruch, laß nimmer allerart Arg mit mir schalten! [134] Gilt von Menschenbedrückung mich ab, auf daß ich deine Ordnungen hüte! [135] Dein Antlitz laß leuchten deinem Knecht und lehre mich deine Gesetze! [136] In Wasserbächen fließen meine Augen nieder über jene, die deine Weisung nicht hüten. [137] Du bist wahrhaftig, DU, und gerade in deinen Gerichten. [138] Deine Zeugnisse hast du in Wahrhaftigkeit entboten und gar in Treuen. [139] Aufgerieben hat mich mein Eifer, denn meine Bedränger haben deine Reden vergessen. [140] Ausgeschmolzen ist dein Spruch gar, und dein Knecht liebt ihn. [141] Gering bin ich und verachtet, deine Ordnungen habe ich nicht vergessen. [142] Deine Bewährung ist wahr in Weltzeit und deine Weisung getreu. [143] Haben Drangsal und Not mich betroffen, deine Gebote sind meine Erquickung. [144] Deine Zeugnisse sind in Weltzeit bewährt, verstehen lasse mich, auf daß ich lebe! [145] Ich rief mit allem Herzen, antworte mir, DU, wahren will ich deine Gesetze. [146] Ich habe dich gerufen, befreie mich, ich will deine Zeugnisse hüten. [147] In der Dämmrung schon komme ich vor und muß stöhnen: »Ich harre auf deine Rede.« [148] Den Nachtwachen kommen meine Augen zuvor, deinen Spruch zu besinnen. [149] Höre gemäß deiner Huld meine Stimme, DU, belebe mich gemäß deinem Recht! [150] Nahn sie, die nachfolgen der Zuchtlosigkeit - fern sind sie deiner Weisung - , [151] nahe bist du, o DU, und all deine Gebote getreu. [152] An deinen Zeugnissen erkenne ich von vormals, daß auf Weltzeit du sie hast gegründet. [153] Sieh mein Gebeugtsein an und entschnüre mich, denn deine Weisung habe ich nicht vergessen. [154] Streite meinen Streit und löse mich aus, nach deinem Spruche belebe mich! [155] Fern ist den Frevlern die Befreiung, denn nach deinen Gesetzen fragen sie nicht. [156] Viel ist deines Erbarmens, DU, gemäß deinen Gerichten belebe mich! [157] Viele sinds, die mich verfolgen und drängen, von deinen Zeugnissen bog ich nicht ab. [158] Sah ich Verräter, es widerte mich, daß sie deinen Spruch nicht hüten. [159] Sieh, daß ich deine Ordnungen liebe, DU, gemäß deiner Huld belebe mich! [160] Das Hauptstück deiner Rede ist Treue, in Weltzeit bleibt alle Gerechtigkeit deiner Bewährung. [161] Fürsten verfolgen mich grundlos, aber nur vor deiner Rede erschrak je mein Herz. [162] Ich entzücke an deinem Spruch mich, wie wer viele Beute findet. [163] Lüge hasse und verabscheue ich, deine Weisung ists, die ich liebe. [164] Dich preise ich des Tags siebenmal um die Gerichte deiner Bewährung. [165] Friedens viel ist ihrer, die deine Weisung lieben, und für sie gibt es kein Straucheln. [166] Dein Befreien erhoffe ich, DU, und tue deine Gebote. [167] Deine Zeugnisse hütet meine Seele und ich liebe sie sehr. [168] Deine Ordnungen und deine Zeugnisse hüt ich, denn all meine Wege sind vor dir. [169] Deinem Antlitz nahe mein Jammern, DU, gemäß deiner Rede mach mich verstehn! [170] Vor dein Antlitz komme mein Flehen, gemäß deinem Spruch rette mich! [171] Meine Lippen werden Preisung sprudeln, denn lehren wirst du mich deine Gesetze. [172] Wechselsagen wird deinen Spruch meine Seele, denn alle deine Gebote sind Wahrheit. [173] Dasei deine Hand, mir aufzuhelfen, denn deine Ordnungen habe ich erwählt. [174] Nach deiner Befreiung verlange ich, DU, deine Weisung ist mein Erquicken. [175] Meine Seele lebe, daß sie dich preise, und mir helfe dein Gericht! [176] Ich bin abgeschweift, wie ein verlorenes Schaf suche deinen Knecht, denn deine Gebote habe ich nicht vergessen.