Die Schrift

Übersetzung des Alten Testaments von Martin Buber
und Franz Rosenzweig von 1929

Bibelübersetzung

Sprüche 20

[1] Der Wein ist ein Erdreister, der Rauschtrank ist ein Lärmer, wer davon taumelt, wird nie weise. [2] Wie eines Leun Gebrumm ist das Schrecken des Königs, wer ihn aufwallen macht, verwirkt sein Leben. [3] Ehre dem Mann ists, abseits sitzen vom Streit, aber jeder Narr platzt los. [4] Im Herbst pflügt nicht der Faule, fragt in der Erntezeit er, ist nichts da. [5] Tiefes Wasser ist der Ratschluß im Herzen des Manns, der Mann von Verstand aber schöpft ihn herauf. [6] Die Menschenmenge ruft aus, jedermann seine Holdschaft, aber der Mann, dem zu vertraun ist, wer findet den! [7] Der in seiner Schlichtheit einhergeht, der Bewährte, beglückt seine Kinder nach ihm! [8] Ein König, auf dem Urteilstuhl sitzend, worfelt mit seinen Augen alles Schlechte hinweg. [9] Wer kann sprechen: »Geläutert hab ich mein Herz, rein bin ich geworden von meiner Sünde«! [10] Zweierlei Gewichtstein, zweierlei Scheffel, ein Greuel IHM sind sie beide zumal. [11] Schon ein Knabe läßt an seinem Treiben sich unterscheiden: ob lauter, ob gerade seine Werkweise ist. [12] Ein hörendes Ohr, ein sehendes Auge, ER hat sie beide zumal gemacht. [13] Liebe nimmer den Schlaf, sonst verarmst du, halte deine Augen hell, wirst Brots satt. [14] »Schlecht, schlecht!« sagt der Erwerber, aber begibt er sich fort, dann preist er sich drum. [15] Gibts auch Gold und in Menge Korallen, der kostbare Schmuck sind Lippen der Erkenntnis. [16] Nimm ihm das Gewand, denn er hat für einen Unzugehörigen gebürgt, und des Fremdweibs halber pfände ihn. [17] Schmeckt einem Mann erlogenes Brot, danach füllt sich der Mund ihm mit Kies. [18] Planen festigt sich durch Rat, mit Lenkungskunde führe drum Krieg. [19] Geheimnis offenbart, wer mit Klatschkram umherzieht, wer seine Lippen aufreißt, mit dem laß dich nicht ein! [20] Wer seinem Vater oder seiner Mutter flucht, dessen Lampe verschwelt im Kern der Finsternis. [21] Ein Eigentum, im Anbeginn zusammengeschnappt, dessen Ende wird nicht gesegnet sein. [22] Sprich nimmer: »Möchte ich das Böse vergelten können!« Hoffe auf IHN und er wird dich befrein. [23] Ein Greuel IHM ist zweierlei Gewichtstein, die Waagschalen des Trugs sind nichts Gutes. [24] »Von IHM her sind die Stapfe des Mannes.« Und der Mensch, wie verstünde er da seinen Weg! [25] Ein Fallstrick des Menschen ists, er stammelt: »Geheiligt!« und erst nach dem Geloben schickt er sich an zu erwägen. [26] Die Frevler hinweg worfelt ein weiser König, er läßt das Dreschrad über sie rollen. [27] Eine Lampe von IHM ist der Atemgeist des Menschen, sie durchspürt alle Kammern des Busens. [28] Huld und Treue bewahren den König, er stützt auf Huld seinen Thron. [29] Stolz der Jünglinge ist ihre Kraft, Glanz der Alten das Greisenhaar. [30] Wundstriemen scheure dem Bösen, sie pochen an des Busens Kammern.